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Vom Dhark-Fan zum Dhark-Autor (2)
Namen, Fakten, Abenteuerliches
von Werner Kurt Giesa
Erster Teil – Zweiter Teil
UNVERMEIDLICH: DAS AUS
Aber dann kam 1969 doch das Aus. Der halbierte Erscheinungsrhythmus hatte
die Verluste nicht mehr auffangen können. Der Verlag hatte bis zuletzt
gehofft, die Weltraumerfolge der Amerikaner (Apollo-Programm) würden
das Interesse der Leser an der SF halten. Aber dem war nicht so. Die
Serie rutschte endgültig
in die roten Zahlen, und mit Band 98 war Schluß.
Eigentlich hatte mit 100 ein neuer Zyklus beginnen sollen; der normale Abschlußband
der Handlungsetappe wäre mithin Heft 99 gewesen. Aber das wollte man nicht
mehr tragen. Immerhin konnte Brand die Serie noch zu einem überstürzten
Ende bringen. Wer genau hinschaut, sieht an den Handlungssprüngen, daß die
drei Hefte 96-98 eigentlich aus vier Romanen bestehen müßten, die
entsprechend gekürzt wurden. Und das Serien-Ende hatte sich Brand auch völlig
anders vorgestellt. Er mußte praktisch eine Lösung aus dem Hut zaubern,
um den Lesern nicht zu viele offene Fragen zu hinterlassen und zumindest das
Hauptthema, die Suche nach den Mysterious, abzuschließen.
Und dieser Abschluß war alles andere als das, was Brand eigentlich gewollt
hatte. Daß die in der anderen Galaxis aufgespürten Salter die Mysterious
sind, war eine Notlösung, die nicht zu seinem Konzept paßte, wie er
mir später verriet. Die "richtige Lösung" hätte noch mehr als
100 weitere Hefte gebraucht...
Überhaupt: Beim Serienstart hatte er ein Gesamtkonzept entwickelt, von dem
bis Band 98 gerade mal ein Drittel abgehandelt war.
UNVORSTELLBAR: 50 PFENNIG TASCHENGELD PRO WOCHE
Ren Dharks "Weg ins Weltall" war also nach nur vier Jahren schon
wieder beendet, kaum daß er begonnen hatte - und trägt nebenbei
wohl auch die Schuld daran, daß ich selbst zur schreibenden Zunft
stieß.
Ich war damals ein 11jähriger Gymnasiast mit wenig Taschengeld. 50 Pfennig
pro Woche, von denen ich auch noch Tintenpatronen und Schreibhefte für den
täglichen Schulbedarf bezahlen mußte, reichten vorn und hinten nicht - die
RD-Hefte kosteten 80 Pfennig pro Woche! Aber ich mußte sie irgendwie haben,
seit ich Band 15 ("Überfall vom 8. Planeten" von Staff Caine) in einem Anflug
von kompletter Geldverschwendung des Titelbildes wegen gekauft hatte. Ich kam
nicht mehr davon los. Daher kam mir die Umstellung auf 14tägig sehr gelegen.
Dennoch dauerte es geraume Zeit, bis ich die Serie endlich komplett hatte - einen
Großteil suchte ich später auf den Wühltischen der Kaufhäuser
zusammen, nachdem RD anno 1969 mit Band 98 eingestellt wurde und für
mich eine Welt zusammenbrach.
Da in den Heften auch Fan-Kurzgeschichten veröffentlicht wurden,
begann ich selbst zu schreiben. In RD ist nie eine Story von mir
erschienen, aber in der Schulklasse gingen die Geschichten rund, ich infizierte
auch etliche Mitschüler mit dem "Dhark-Virus"; wir gründeten
einen RD-Club, in dem wir uns die Identitäten der Helden aneigneten
und bei wilden Geländespielen und in damals immer noch stehenden
Nachkriegsruinen mit (Wasserpistolen-)Blastern auf die außerirdischen
Invasoren und die von ihnen beeinflußten Geheimagenten ballerten.
UNGLAUBLICH: "ICH SCHENKE IHNEN REN DHARK!"
Von all dem blieb das Schreiben. Zunächst im SF-Fandom, mit eigenen Mini-Serien
in kleiner Auflage, selbst produziert im Postvertrieb, später dann professionell. Über
meine damalige Fan-SF-Serie "Yan Monro" kam ich mit Kurt Brand in Kontakt, und
1980 lernten wir uns anläßlich des ersten Perry Rhodan-Welt-Cons endlich
persönlich kennen - und wurden bald darauf Freunde. Damals lief Ren Dhark gerade
in der 2. Auflage, und alles sah danach aus, daß KELTER die Serie über
Band 98 hinaus mit neuen Romanen fortsetzen wollte. Also suchte Kurt Autoren.
Für mich rückte damit ein alter Traum aus Schülerzeiten wieder
in greifbare Nähe. Schon damals, als die Serie noch in Erstauflage existierte
und ich selbst zu schreiben begann, hoffte und wünschte ich, irgendwann
Profi-Autor zu werden - vor allem auch, um an Ren Dhark mitarbeiten zu
können! Und nun kam dieses fast unglaubliche Angebot des Serienerfinders
und Chefautors: Er selbst wollte sich vom Schreiben weitgehend zurückziehen. "Ich
mache nur noch so um die fünf oder zehn Romane, danach sind Sie dran. Ich
schenke Ihnen den Ren Dhark...!" höre ich ihn heute noch mitten
in der Kongreßhalle sagen.
Nun gut, aus der Schenkung wurde ebensowenig etwas wie aus der Fortführung.
Statt dessen wurden wir Freunde und besuchten uns gegenseitig in Lippstadt und
später in Altenstadt oder in Kaltern in Südtirol, wo er sich ansässig
gemacht hatte, weil die Sonnenstrahlung dort besser für seine Gesundheit
war. Die Bierchen, die wir bei unseren Plaudereien verzecht haben, haben die
Wirte sicher zu (Lire-)Millionären gemacht.
Schließlich startete KELTER Mitte der 80er Jahre die 3. Auflage,
erneut mit anderer Titelbildgestaltung. Bei der 2. Auflage hatte man
immerhin noch die kreisförmigen Bilder mit den Illustrationen von
H. J. Lührs beibehalten,
allerdings auf den Weltraum-Hintergrund verzichtet und statt dessen ein simples
Violett gewählt. Die 3. Auflage kam mit ganzseitigen Bildern vorwiegend
amerikanischer Zeichner, kaum jemals zur Handlung passend, mit einem comichaft
bunten Titelschriftzug, der nicht nur mich erschauern ließ.
Auch jetzt wieder hieß es, daß nach Band 98 weitergemacht werden
solle. Da Kurt Brands Rahmenexposé mittlerweile spurlos verschwunden war,
schrieb ich ein neues Konzept und Rahmenexposé, das dem Verleger Gerhard
Melchert so gefiel, daß er von Hamburg nach Frankfurt kommen wollte, um
sich da, praktisch auf halbem Weg, mit Kurt Brand und mir zu treffen und die
Angelegenheit näher zu erörtern. Ich war mehr als überrascht.
Wo gibt's das, daß der Verleger zum Autor kommt statt den Autor zu sich
zu zitieren?
Aber wieder zerschlugen sich die Träume und Hoffnungen, denn wenig später
erreichte uns die Mitteilung, daß der Verlag sich nach längerem reiflichen Überlegen
entschlossen habe, die Serie doch nicht fortzusetzen.
The same procedure as every year....
Immerhin rang man sich zwischendrin zu sechs Ren Dhark-Taschenbüchern
durch. In der neuen Fortschreibung der Serie werden diese allerdings keine Rolle
spielen. Damit dürften sie bleiben, was sie schon sind: besonders wertvolle
Raritäten für die Sammler. Wer nun aber weder überhöhte Sammlerpreise
bezahlen noch sich auf die nicht immer leichte Jagd nach diesen Romanen machen
will, dem bietet die Buchreihe Ren Dhark Spezial des HJB-Verlags eine
Alternative: In drei Hardcover-Bänden werden jeweils zwei der Taschenbücher
veröffentlicht.
UNERBITTLICH: DER KAMPF UM DIE DHARK-RECHTE
In der Folge versuchte Kurt Brand, die Verlagsrechte "loszueisen", da ein gewisser
Dave Hill anbot, Ren Dhark in seinem (nach dem Fall der innerdeutschen
Grenze gegründeten und schon etwa ein Jahr später nicht mehr existierenden)
MILTON-Verlag nochmals nachzudrucken und weiterzuführen. Aber der KELTER-Verlag
verwehrte dies mit der Begründung, vielleicht selbst in einigen Jahren eine
4. Auflage realisieren zu wollen.
Ende 1991, ein halbes Jahr vor seinem 75. Geburtstag, starb mein alter Freund.
Seine Lebensgefährtin kaufte die RD-Verlagsrechte, und Kurts Nachlaßverwalter
Horst von Allwörden versuchte Ren Dhark anderen Verlagen schmackhaft
zu machen. Vorübergehend zeigte der BASTEI-Verlag sich vage interessiert,
und in Allwördens Auftrag, aber ohne Bezahlung, entwickelte ich ein Buch-
bzw. Taschenbuch-Konzept für einen japanischen Verlag, das die Serie drastisch
straffte und um mehr als 25 Prozent kürzte, und das sie für eine moderne
Leserschaft der Gegenwart fit machen sollte. Nun gut oder schlecht, auch die
Japaner sprangen ab, und der HJB-Verlag machte das Rennen.
Was sich als Glücksfall erwies, wie sich später zeigte - der Versuch, Ren
Dhark als Hardcover-Serie zu präsentieren, traf den Nerv der Leser und
machte RD endgültig zum Dauerbrenner mit steigender Auflage.
Mein Freund Manfred Weinland, mit dem ich früher auch schon bei anderen
Projekten zusammenarbeitete, wurde auserkoren, die Hefte für die Buchfassung
zu bearbeiten. Er kürzte, straffte und modernisierte, daß es inzwischen
eine wahre Freude ist, die fertigen Bücher zu lesen. Den Puristen unter
den Altlesern mag vielleicht nicht gefallen, daß vieles weggekürzt
oder verändert wurde, aber zur Not kann man dann ja ins Regal greifen und
die alten Hefte noch einmal nebenher lesen. Im Verlauf der Modernisierung wurden
drei komplett neu geschriebene Bücher eingefügt: der G'Loorn-Zyklus.
Da Manfred diese Romane aus Zeitmangel nicht allein schreiben konnte, zog er
Kollegen hinzu - unter anderem mich. Auch Manfred Wegener war kurz vor seinem
Tod als einziger der Alt-Autoren wieder mit dabei.
Nach diesen drei Büchern wurde die Bearbeitung der Hefte fortgesetzt und
mit Buch 16 abgeschlossen.
UNAUFHALTSAM: ES GEHT WEITER!
In Kurt Brands Nachlaß - von niemandem mehr erwartet - fanden sich noch
Unterlagen, von denen er wohl selbst nichts mehr ahnte, die aber die Weiterführung
der Serie skizzieren, so wie er sie einst plante. Nach diesen handschriftlichen
Notizen verfaßt seither Hajo F. Breuer die Exposés für die
neuen Bücher. Eine nicht gerade leichte Aufgabe, denn von den G'Loorn wußte
Kurt Brand logischerweise nichts. Manfred Weinland ergänzte die Serie um
dieses Volk aus ferner Vergangenheit, und jetzt muß das eine mit dem anderen
Konzept logisch verknüpft werden. Auch viele aufgrund Brands abschließender
Notlösung offengebliebene Handlungsfäden wurden und werden wieder aufgegriffen
und weitergesponnen. Natürlich bringen wir Autoren, die nach Hajo Breuers
Exposé schreiben, ebenfalls die eine oder andere Idee ein.
Der "Weg ins Weltall" führt endlich über die "Straße zu den Sternen" hinaus
in unerforschte Weltraumtiefen und bringt spannendes Abenteuer pur, in dem sich
das Flair der alten Romane mit moderner SF nahtlos verbindet. Es geht wieder
rund im Weltraum, und das Rätsel der Mysterious ist noch lange nicht gelöst.
Ren Dhark wird noch viele Abenteuer erleben müssen, bis er endlich am Ende
seiner langen Suche ankommt - und feststellen wird, daß auch das erst der
Anfang ist...
So hat sich der alte Traum aus Schülertagen nun doch noch erfüllt.
Ren Dhark fliegt wieder in den Weltraum hinaus, weiter als jemals zuvor, mit
mir an seiner Seite. Nicht mehr als Leser und Fan, sondern als Autor und Fan.
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